Viele von uns haben sich in den letzten Wochen gefragt, wie denn der heilige Fastenmonat Ramadan für uns Muslime in Zeiten von „Social Distancing“ und erhöhter gesundheitlicher Achtsamkeit werden könnte. Sagen wir mal so, er wird anders sein als im letzten Jahr.
Eigentlich ist kein Ramadan so wie jeder andere. Wir haben uns daran gewöhnt, tagsüber nichts zu essen oder zu trinken, wenn um uns herum gegessen und getrunken wird. Wir haben uns auch daran gewöhnt geduldig die Fragen unserer nichtmuslimischen Freunde zum Ramadan zu beantworten, inklusive „Auch kein Wasser?“. Wir haben uns ebenfalls daran gewöhnt abends allein oder mit der Familie zusammen mit einer Dattel oder Olive das Fasten zu brechen und darauf zu achten, nicht zu viel auf einmal zu essen. Denn nichts ist bekannter, als das Gefühl mit zu vollen Magen völlig müde lieber auf der Couch einzuschlafen, als zum gemeinsamen Gebet in die Moschee zu gehen.
All das sind für uns fast schon lieb gewonnene Routinen in der Fastenzeit. Ihnen werden wir auch dieses Jahr wieder begegnen, zumindest einige dürften diesmal etwas anders ablaufen. Wir wissen nicht, ob überhaupt Gebete in den Moscheen wegen der wichtigen Corona-Sicherheitsbestimmungen stattfinden können. Viele von uns werden dieses Jahr verstärkt zuhause beten. Auch wenn einige diese Beschränkungen als Zumutung empfinden mögen, so ist sie notwendig, denn hier geht es um eines der wertvollsten Geschenke Allahs an den Menschen: die Gesundheit.
Ein Hadith besagt dazu folgendes:
„Der letzte Gesandte Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, bestieg das Minbar, dann weinte er und sagte: ‘Bittet Allah um Vergebung und um Gesundheit, denn nach dem Geschenk der Gewissheit gibt es nichts besseres als die Gesundheit.“ (Tirmidhi)
Fast jeder von uns kennt im Familien- oder Freundeskreis Menschen, die gesundheitlich eingeschränkt sind. Bei einigen sind die Einschränkungen vielleicht nur leicht und ihnen fällt das Fasten nicht schwerer als anderen. Bei anderen wiederum sind diese Einschränkungen schwerwiegender, oftmals müssen noch regelmäßig Medikamente genommen werden.
Ähnliches auch bei Menschen, die im Ramadan erkranken und sich körperlich schonen müssen. Für diese Personengruppen, zu denen auch z.B. Schwangere oder Reisende gehören, sieht unser Glauben die Erleichterung vor und man ist vom Fasten befreit. Je nach persönlicher Situation speist man ersatzweise Bedürftige bzw. fastet die fehlenden Tage zu einem anderen Zeitpunkt nach.
„(…) Wer also von euch in dem Monat zugegen ist, der soll in ihm fasten. Und wer krank ist oder sich auf einer Reise befindet, soll eine Anzahl anderer Tage (fasten) – Allah will es euch leicht, Er will es euch nicht schwer machen – damit ihr die Frist vollendet und Allah rühmt, dass Er euch geleitet hat. Vielleicht werdet ihr dankbar sein.“ (Sure 2, Vers 184)
Manchmal kommt es vor, dass wir Menschen begegnen, die trotz aller gesundheitlichen Probleme fasten möchten. Sie haben es früher gerne gemacht und wollen auch dieses Mal nicht außenvor bleiben. So verständlich dieses Gefühl sein mag, so unverständlich erscheint es angesichts der vorhandenen Erleichterungen, die Allah ganz bewusst für diese Menschen erlassen hat. In diesem Fall sollten wir mit diesem Menschen das offene und ehrliche Gespräch suchen und über diese Erleichterungen sprechen. Gerade in diesem Jahr sollte uns allen der gesundheitliche Aspekt im Ramadan bewusster sein, als bisher.