Zeit der Versöhnung und inneren Stärke

Das erste Drittel des Ramadans ist vorüber und nicht wenige von uns haben die Eingewöhnung auf den Verzicht von Essen und Trinken am Tag mit mehr oder weniger Mühen geschafft. Jeden Tag gibt es einen festen Zeitpunkt, ab und bis wann man wieder essen und trinken darf. Umso mehr freuen wir uns, wenn wir abends zusammen im Kreis der Familie, der Freunde oder mit den Arbeitskollegen gemeinsam das Fasten brechen dürfen.

Es ist ein liebgewonnenes Ritual, bei dem Musliminnen und Muslimen nicht nur unter sich bleiben, sondern auch Andersgläubige miteinbeziehen. Im Ramadan gilt es, neben der Konzentration auf Allah und die besondere Spiritualität des heiligen Monats, auch die zwischenmenschlichen Beziehungen zu festigen. Das gemeinsame Fastenbrechen zählt zweifellos dazu.

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Mit Alltagsdogmen brechen

Ein Gastbeitrag von Muharrem Ünlü

Wenn man an eine Religion denkt, denkt man nicht selten an Dogmen; an nicht hinterfragbare Absolutismen. Ungeachtet dessen, dass der Begriff Dogma – nach meinem persönlichen Verständnis – negative und positive Aspekte beinhaltet, birgt auch unser Alltag viele davon. Alltägliche Denkgewohnheiten, die man durchaus auch als Alltagsdogmen bezeichnet könnte. Auch wenn beim Begriff Dogma eine historisch gewachsene religiöse Konnotation mitschwingt, haben nämlich unsere Denkansätze und Deutungsmuster in ganz weltlichen Angelegenheiten nicht selten eben solche dogmatischen Züge. Insbesondere wenn wir im Laufe unserer Entwicklung verlernt haben, die Grundsubstanz des persönlichen Wachstums am Leben zu erhalten: das ständige Hinterfragen eigener Meinungsbilder.

Einer der vielen interessanten Aspekte des islamischen Fastenmonats ist, dass man sich auf ihn vorbereitet, als würde man einen physischen Gast erwarten, obwohl es sich um einen Zeitabschnitt handelt. Solche unerwartet andersartigen Ansätze schaffen es meiner Meinung nach auf eine erfrischende Weise einen gesunden Kontrast zu eingeschlichenen Alltagsdogmen herzustellen – egal welcher Art – und bahnen ein neugieriges Hinterfragen vieler Denk- und Handlungsgewohnheiten in allen Bereichen des Lebens an. Denn nicht zuletzt geht es beim islamischen Fasten genau darum: in jedweder Hinsicht Alltagsgewohnheiten aufzubrechen, um sich in neuer Gestalt wiederzufinden; der Ursprung wiederkehrender geistiger Revolution und im Grunde das Gegenteil eines klassischen Dogmas.

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Der Ramadan ist Gottesnähe

Ruhig ist es, wie an einem warmen Sommerabend auf einer weiten Wiese. Ein leichter Lufthauch umströmt uns, fern aller Hektik und Sorge. So in etwa fühlt sich für viele Muslime der erste Abend des Fastens im Ramadan und viele weitere Abende dieses besonderen Monats an. Diese Minuten vor dem Fastenbrechen, wenn man sich mit seinen Liebsten an den Tisch setzt, aber die Aufmerksamkeit nicht dem Essen gilt, sie fühlen sich besonders intensiv an. Es mag verwundern, dass zu diesem Zeitpunkt nicht der Hunger die treibende Kraft ist. Vielmehr scheint die Seele die Kontrolle über das Fleischliche des Menschen wieder zurückzugewinnen. In diesen letzten Minuten ist dem Fasten eine besondere Ruhe inne.

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Zeit der Freude, Zeit der Vergebung

Wieder ist der Ramadan schnell vorüber gegangen. 30 Tage, in denen
Muslime weltweit zwischen dem Beginn der Morgendämmerung und Sonnenuntergang nicht nur auf Essen und Trinken verzichtet haben, sondern auch mit den Augen, Ohren und mit dem Mund gefastet haben. Sich von negativen Dingen ferngehalten haben.

Dabei scheint es so, als ob dieser ganz besondere Monat erst wenige Tage
alt ist. Jetzt hat man sich gerade an den Rhythmus zwischen spätem Essen
und innerer Einkehr gewöhnt, und schon folgt mit dem Beginn des
dreitägigen Ramadanfestes am Ende der Fastenzeit der sehr deutliche
Übergang in den gewohnten Alltag. Das Ramadanfest ist aber nicht nur ein
Fest, bei dem man sich darüber freut, dass man die Fastenzeit geschafft
hat und nun wieder normal essen und trinken kann.

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“… was der Menschen Hände hat angerichtet”

Es ist der Monat der Besinnung, der Bewusstwerdung. So stellen wir uns den Ramadan vor, so wird er uns immer wieder fromm beschrieben. Nur, was sollen wir uns bewusst werden, um welche Besinnung geht es dabei?

Naheliegend ist beim Ramadan die Verknüpfung mit dem Thema Konsum und Enthaltsamkeit. Das Fasten in dem Monat, der Verzicht auf Speise und Trank von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang, rückt für uns in das Zentrum unserer Betrachtung. Das Fasten steht als Gottesdienst im Zentrum dieses Monats, wir fokussieren unser Wirken ganz selbstverständlich auf dessen Umsetzung. Wir reden über den Verzicht, welche spirituellen Zugänge uns darüber eröffnet werden. Der Ramadan soll uns in Erinnerung rufen, dass es auch Menschen ohne täglich Brot gibt.

Eine Frage bleibt dabei unbeantwortet: Warum fasten dann denn die Notleidenden mit? Es gibt zahlreiche Ausnahmen für das Fasten, Schwangerschaft, das Alter – zu jung oder zu alt -, Erkrankungen und einiges andere. Armut gehört nicht zu diesen Ausnahmen. Welchen Sinn hätte es dann denn, dass derjenige, der sowieso nicht viel hat, sich mit dem Fasten des Nicht-Viel-Habens bewusst wird? Weiterlesen ““… was der Menschen Hände hat angerichtet””

Ramadan – Die gemeinsame Basis

Allah hat den Koran für die Menschen als Wegweisung, als eine lebendige Botschaft auf unseren Propheten Muhammad hinabgesandt. Der Koran ist eine lebendige Schrift, die uns Hoffnung gibt, unsere Sinne aktiviert und uns Liebe und Barmherzigkeit erfahren lässt. Er enthält Botschaften, die durch die Rezitation und die Praxis belebt werden sollen.

Im Alltag geht diese Lebendigkeit leider oft verloren. Der Koran dient dann nur als Dekorationsmittel, mit dem wir unsere Wohnzimmerschränke schmücken oder mit dessen Schrift wir unsere Handys oder Facebook-Pinnwände verzieren. Dabei enthält er Botschaften, die wir im Herzen spüren sollten. Wir sollten den Koran lesen und über seine Verse reflektieren, damit wir sie im Alltag umsetzen können. Dabei geht es nicht um die normative Ebene, die in unserer Zeit zunehmend die essentiellen Aspekte unseres Glaubens überschattet. Es ist nicht immer alles „halal“ oder „haram“. Weiterlesen “Ramadan – Die gemeinsame Basis”

Persönliche Ramadan-Bilanz

Wir sind am Ende des Ramadan angelangt. Ein Monat liegt hinter uns, dessen Tage wir fastend und dessen Nächte wir im Gebet verbracht haben. Wir haben uns darum bemüht, die uns auferlegten Rituale und religiösen Pflichten in der besten Weise zu erfüllen.

Wir haben Acht gegeben auf den Beginn der Morgendämmerung und damit den Beginn der täglichen Fastenzeit. Wir haben Acht gegeben auf den Sonnenuntergang und damit den Beginn unseres Iftar. Wir haben Geborgenheit gefunden in den nächtlichen Teravih-Gebeten.

Wir haben auf all diese Details geachtet und uns darum bemüht, gute Muslime zu sein.

Aber der Ramadan ist auch der Monat der guten Taten. Wie oft haben wir es geschafft, in diesem Monat einen anderen Menschen glücklich zu machen? Wie viele segensreiche Taten haben wir vollbracht, damit die Gesellschaft, in der wir leben, eine bessere und glücklichere ist, als sie es zum Beginn des Ramadan war? Weiterlesen “Persönliche Ramadan-Bilanz”

Der Verzicht nimmt nicht, der Verzicht gibt

Die Zeit verfliegt schnell. Man kann sich noch an die Nächte des letzten Ramadans erinnern, als ob es noch gestern war, aber schon stehen wir wieder an der Schwelle zum Fastenmonat. Jedes Jahr ist die Vorfreude groß bei uns Muslimen. Man bereitet sich vor auf diesen gesegneten Monat, sowohl geistig als auch körperlich. Man hat Vorfreude auf den Monat des Verzichts, weil – um es mit dem deutschen Philosophen Martin Heidegger zu sagen – „Der Verzicht nimmt nicht, der Verzicht gibt. Er gibt die unerschöpfliche Kraft des Einfachen.“

Der Fastenmonat Ramadan ist aber auch mehr als Fasten und Enthaltsamkeit. Unser Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte, dass Viele von ihrem Fasten nichts haben außer Hunger und nichts von ihren nächtlichen Gebeten außer Müdigkeit. Das Fasten gehe weit über den bloßen Verzicht auf Essen, Trinken und Sex hinaus. Vielmehr müssen wir uns vor allem bewahren, was uns von unserem Fasten ablenkt. In einem anderen Hadith sagt unser Prophet, dass jedem alle vergangenen falschen Handlungen vergeben werden, der den Ramadan mit Iman und dem Bewusstsein um die Belohnung dafür fastet. Weiterlesen “Der Verzicht nimmt nicht, der Verzicht gibt”