Ein Gastbeitrag von Mersad Rekić
Im Gespräch stellt man bei vielen Muslimen sehr schnell fest, dass sie äußerst unzufrieden mit der Darstellung und Wahrnehmung des Islam in Deutschland sind. Während Muslime mit Islam positive Begriffe wie Frieden oder Freiheit assoziieren, sind es bei nichtmuslimischen Mitbürgern nicht selten Begriffe wie Bedrohung oder Fremdheit.
Sicherlich ist es kein richtiger Weg, wenn diese vorherrschende
Unzufriedenheit in eine Frustration und Entfremdung zwischen Muslimen und auch
ihrem Deutschland führt. Das stellt nämlich ein Hindernis auf dem Weg zu einer
Selbstverständlichkeit dar: von „deutsch oder muslimisch“ hin zu „deutsch und
muslimisch“. Daran aber entscheidet sich wieviel Teilhabe wir als Muslime am
Zusammenleben in diesem schönen Land erreichen können.
Es ist zwar nicht
von der Hand zu weisen, dass das Verhältnis zwischen den berichtenden
Journalisten und ihrem Objekt der Beschäftigung, dem Islam, zumindest ein schwieriges ist. Falsch wäre es aber eine
Verschwörung zu vermuten. Es liegt vor allem daran, dass der Alltag dieser
Menschen kaum oder sehr wenig Begegnung mit Muslimen ermöglicht. Aus dieser
Entfernung heraus entsteht eine Berichterstattung, die Muslime dann als verzerrt
wahrnehmen.
Die
Motivation zum Engagement ist höher, wenn eine Aussicht auf Erfolg gegeben ist.
Erfolg aber bedeutet in einen Austausch mit seinen Mitbürgern zu gehen. Auch
wenn sie im ersten Moment auf Widerstand und Ablehnung stoßen, haben Worte die
Macht die Welt zu verändern. In vielen Überlieferungen lesen wir heute noch,
dass sich Menschen auf den Weg machten, um unseren geliebten Propheten Muhammed
(saws) zu ermorden, aber durch an sie gerichtete Worte, wurden diese Feinde zu
Freunden und wichtigsten Unterstützern des Propheten (saws). Wie sieht da
unsere persönliche Bilanz aus im Umgang sowohl mit wohlwollenden als auch nicht
wohlgesonnenen Mitmenschen?
Konkret
bedeutet es, dass Muslime raus müssen – raus unter die Mitmenschen. Durch die
persönliche Begegnung innerhalb der Nachbarschaft, in dem man sich gegenseitig
grüßt und aufeinander zugeht, durch aktive Elternarbeit in der
Klassengemeinschaft und einen offenen Umgang mit Arbeitskollegen kann man
vielfältige positive Eindrücke jenseits des medialen Diskurses hinterlassen. Dieses
Engagement hat den Nebeneffekt, dass sich ein Wohlfühlen einstellt und Heimat
tatsächlich nicht mehr ein Ort ist, an dem man vielleicht lediglich geboren
wurde, sondern vielmehr ein Gefühl wird, welches es gilt, sich selbst zu
vermitteln. Niemand sonst kann es einem abnehmen.
Man kann es
sich einfach machen, und sich ständig über mediale Debatten aufregen und
empören. Oder aber man folgt dem zentralen islamischen Prinzip, und kümmert
sich um das direkte Umfeld. Dieses Prinzip wohnt auch der Zakat inne, die
Abgabe an arme und bedürftige Menschen und einer der 5 Säulen des Islam. Wir
sind angehalten uns zunächst um die, die uns am nächsten stehen, zu kümmern.
Sollten diese alle versorgt sein, dann schauen wir nach denen, die uns nicht
nah sind und die wir nicht kennen. Und was ist wertvoller als Zeit, die uns
gegeben ist. Kein Vermögenswert eines Menschen kommt an die Zeit, die ihm
gegeben ist, heran. Daher bietet es sich doch an, dass wir dieses Vermögen und
die Aufmerksamkeit, die daraus erwächst, ebenso nach dem Prinzip des Nächsten
verteilen.
Sofern
Muslime sich bewegen Engagement zu zeigen, präsent in der Gesellschaft werden,
neue und vielfältige Bekannten- und Freundeskreise sich erarbeiten, Allianzen
schließen, Verständnis aufbringen wie sozialer Wandel von statten geht, desto mehr
werden wir als Muslime Ressentiments durchbrechen und durch etwas Positives
ersetzen.