Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Serdar Kurnaz
„Recycling im Islam“ als Überschrift hätte wahrscheinlich weniger Aufmerksamkeit erregt als die Frage nach Haram. Das Spiel um Halal und Haram habe ich nicht gern. Die Kategorie haram ist aber immer noch mächtiger als jede andere. Merkwürdig, dass ich beim Anblick einer Portion Saft „Immunbombe“, in einem recycelbaren Becher, daran denken musste.
Haram markiert Grenzen: Wir fragen zwar, ob etwas halal ist, wollen aber eigentlich wissen, dass etwas nicht haram ist. Wir denken ex negativo. Haram stiftet immer noch Identität, zeigt die Überlegenheit derjenigen, die sie nicht übertreten: Wenn etwas haram ist, ist die Übertretung so gravierend, dass man dies vor anderen Menschen versteckt. Ob es Gott sieht, interessiert leider die wenigsten. Die, die es interessiert, finden Zuflucht in der Reue (tawba). Es gibt also immer einen Ausweg aus dem haram, indem man gerade steckt. Ja, genau: Indem man immer noch steckt! Führt man eine Handlung aus, die haram ist, muss man Reue zeigen, also tawba leisten und sich fest vornehmen, in Zukunft nicht mehr so zu handeln. Selbst jene, die ihren Alltag nicht nach religiösen Vorsätzen strukturieren, achten auf diese Kategorie: Wenn sie muslimisch sozialisiert sind, würden die wenigsten den Haram begehen, Schweinefleisch zu verzehren. Alkoholkonsum; da sind wir im Umgang ein bisschen lockerer, wieso auch immer…
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