Inschallah

Ein Gastbeitrag von Hakan Turan

Die Formulierungen “inschallah” und “hoffentlich” werden im Alltag der Muslime oft synonym verwendet.

Dabei ist gibt es zwischen diesen beiden interessante Unterschiede.

Ein Satz, der mit “inschallah” (Duden) bzw. “inşallâh” (türkisch) bzw. ” in shâ Allâh” (arabisch) beginnt, ist ein Konditionalsatz.

Das heißt, ein Satz wie “Inschallah regnet es nicht” bedeutet wörtlich: 

Wenn Allah will, dann regnet es nicht.”

Dieser Wenn-dann-Satz ist eine metaphysische Aussage über einen tieferen Kausalzusammenhang in der Welt.

Er leugnet nicht die gesetzesartige Struktur der sinnlich zugänglichen Welt, 

sondern verweist darauf, dass diese Struktur in einer höheren Hand zu einer für uns kaum erahnbaren großen Einheit zusammenläuft.  

Dieser Satz formuliert also einen Zusammenhang zwischen der ersten metaphysischen Ursache aller Dinge und dem für uns sinnlich zugänglichen Phänomen.

Insofern ist er wörtlich genommen zugleich ein theistisches Glaubensbekenntnis. 

Es transportiert Hoffnung – 

verbunden mit der gleichzeitigen Benennung der Instanz, auf die die Hoffnung gründet. 

Sinngemäß besagt diese Formel also: 

„Gewissheit über den Ausgang eines Geschehens habe ich nicht. 

Der Ausgang des Geschehnisses wird so sein, wie ich es mir wünsche, wenn Gott will.“

Der Satz “Hoffentlich regnet es nicht” hingegen drückt nur den Aspekt des Hoffens aus, also den subjektiven Wunsch.

“Hoffentlich regnet es nicht” bedeutet: 

“Es ist zu hoffen, dass es nicht regnet” bzw. “Ich hoffe, dass es nicht regnet”.

“Hoffentlich” ist metaphysikfrei. 

(Wenn man sie nicht an die christliche Tugend der Hoffnung angebunden hat).

Es wird dabei keine These über tiefere Zusammenhänge in der Welt aufgestellt.

“Hoffentlich” drückt ein eigenes Unvermögen aus. 

“Inschallah” drückt auch ein eigenes Unvermögen aus, 

benennt zugleich aber auch die vermögende Instanz, der der Ausgang der Dinge anvertraut ist.

Und doch werden beide Formulierungen oft in der gleichen Bedeutung verwendet.

(Böse Zungen behaupten derweil, das “Inschallah” der Orientalen, Türken eingeschlossen, sei eher ein Synonym für “eher nicht”:

“Kommst du heute bitte pünktlich?” – (Zögern) –  “Inschallah!” 

D.h.: „Ich komme wohl leider nicht pünktlich. Aber hoffe du weiter, vielleicht geschieht unterwegs ja ein Wunder.“)

Für mich ist „inschallah“ bzw. „in shâ Allâh“ eine der schönsten alltagsnahen Sprachschöpfungen des Islams überhaupt.

Ähnlich schön wie „mâ şâ Allâh“.

Maschallah (Duden) bzw. „mâşallâh“ (türkisch) bzw. „mâ şâ Allâh“ (arabisch) bedeutet ungefähr:

„Wie Gott es wollte!“ 

Eine rückblickende Formel, die die erste metaphysische Ursache des Ausgangs einer bereits erfolgten Situation benennt.

Sie wird meist bei Eindrücken von tiefer Schönheit oder bei erfreulichen Ereignissen verwendet, obwohl sie wörtlich genommen alles umfasst.

Sie drückt aus, dass die Einwirkungen unseres Willens auf das Werden der Dinge nur eine beschränkte Reichweite haben – im Unterschied zu den Beschlüssen der höchsten Instanz.

(Böse Zungen behaupten derweil, dass ein erstaunter Ausruf von „Maschallah“ manchmal auch ein Hinweis darauf sei, dass das Gegenüber seit dem letzten Treffen in unerwartetem Ausmaß an Gewicht und Umfang zugenommen habe) 

Mâ shâ Allâh, in der positiven Verwendung im Alltag, ist Bescheidenheit und Begeisterung zugleich:

„Sieh, wie schön es geworden ist!“

In shâ Allâh ist davor,

Mâ shâ Allâh ist danach.

Doch was ist zwischen den beiden?

Vielleicht ist „Bismillâh“ dazwischen, 

also “beim Namen Gottes” bzw. “mit dem Namen Gottes”.

(Aber sicher nicht “im” Namen Gottes. 

Dazu sind die Schultern des Dieners zu schwach.)

Der Gedanke an Allah wird so in die Gegenwart geholt.

Als Wunsch nach einem Bewusstsein von der Gegenwart Gottes.

Als Zeuge und Beistand zugleich.

Bismillâh ist nicht mehr davor, oder danach, sondern währenddessen.

Gott, der über seine Namen in allem präsent ist, 

wird so auch im Bewusstsein des betrachtenden Menschen präsent.

„Bismillâh“ gibt es auch in einer erweiterten Form, bekannt als Basmala. 

Sie tritt im Koran an hundertvierzehn Stellen auf und ist im Alltag der Muslime allgegenwärtig.

Sie hebt hervor, welche der vielen Erscheinungsweisen der Namen Gottes genau man sich für eine Situation und für sein eigenes Bewusstsein wünscht:

„Bismi-llâhi-r-Rahmâni-r-Rahîm“, oder zu deutsch:Beim Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen.