Im Internet kursieren schreckliche Bilder von Tieren, die gejagt, misshandelt oder ausgehungert ihrem Schicksal überlassen werden. Die Mode- und Lederindustrie lässt Tiere gewaltsam für ihre Habgier leiden. Sogenannte Trophäenjäger, die aus Mordlust töten, posieren mit ihrer Beute, sexuell gestörte Menschen vergewaltigen Tiere, um sich zu befriedigen. Angebliche Tierliebhaber und –halter sind mit der Pflege ihrer Tiere überfordert und setzten sie einfach aus und lassen sie verhungern und verdursten. Der gewaltsame Umgang mit Tieren darf keinen Platz in unserer Gemeinschaft haben, denn Tiere sind auch Lebewesen und haben ein Daseinsrecht, das nicht gewaltsam geraubt werden darf.
Weiterlesen “Der liebevolle Umgang mit Tieren”Autor: Redaktion
Das Seil, das uns an diese Welt bindet
Gestern habe ich einen Mann besucht, der kurz vor seinem Tod steht. Es gibt Zeichen, die uns das ankündigen, die Art, wie er spricht, wie er die Dinge fühlt, die passieren werden, wie er versucht, seine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Die Art, wie er für die Realität des Unsichtbaren offen ist. Wie seine Sinne zu verschwinden beginnen, sein Blick, sein Geruchssinn, das Gefühl für seine Angehörigen, sein Gehör, seine Sprache, sein Geschmack. Als ob Allah nach und nach alles wegnimmt, was ihn mit dieser Welt verbindet.
Weiterlesen “Das Seil, das uns an diese Welt bindet”Von beiden Seiten
Wir reden in den letzten Tagen häufig über unsere Erfahrungen von Rassismus, von Ausgrenzung und den willkürlichen Entzug oder das Vorenthalten von Zugehörigkeit.
Wir beklagen zu Recht die vielen Erlebnisse von Ungleichbehandlung, von Ungerechtigkeit und das, was diese Erlebnisse, diese Gefühle mit uns machen, in uns verändern.
Die Götzendiener
Das, was wir Gott nennen, ist ein Konstrukt und eine Imagination von uns. Damit ist allerdings nicht gemeint, dass Gott nicht existiert, sondern vielmehr, dass egal, was wir Menschen uns unter dem Begriff „Gott“ oder „Schöpfer“ vorstellen, diese Vorstellung stets ein Produkt des eigenen Selbst bleibt. Sie sagt eher mehr über uns selbst als über Gott aus. Zu Ende gedacht bedeutet das, dass unser Lobpreis nichts anderes als ein unbewusstes Eigenlob ist und dass die eigene „Gottesvorstellung“ eine Skizze von uns ist. Aber natürlich gibt keiner dies zu. Unser Verhalten gegenüber anderen Gottesvorstellungen verrät uns allerdings. Dass die Menschen die Glaubensvorstellungen anderer ablehnen oder kritisieren, ist ein Hinweis darauf, dass wir unser Selbst als Maßstab nehmen. Weiterlesen “Die Götzendiener”
Das Anvertraute
Als Muslime in Deutschland leben wir in einer Zeit, in der unsere Religion und wir als ihre Angehörigen von allen Seiten kommentiert, inspiziert, eingeordnet und stigmatisiert werden. Zunehmend geraten wir als Muslime – gewollt oder ungewollt – in eine Rolle, die uns dazu drängt, uns ständig zu bestimmten Fragen und Themen zu positionieren. Anders ausgedrückt sind wir in eine Position geraten, in der wir nicht darstellen, wer oder was wir sind, sondern uns ständig rechtfertigen müssen, wer oder was wir nicht sind. „Liberal oder radikal“, „säkular oder islamistisch“, „pro-Erdogan oder anti-Erdogan“, „integriert oder segregiert“. Es scheint, dass Muslime kaum mehr selbst bestimmen können, wer sie sind, für was sie stehen und wie sie selbst die Dinge einordnen. Viele Muslime sind mit diesen Diskursen überfordert und sehen sich daher gezwungen, eine dieser Positionen einzunehmen, ohne zu reflektieren, ob und was für Auswirkungen derartige Positionierungen für uns Muslime in Deutschland haben. Weiterlesen “Das Anvertraute”
Goldgewinnung
Islam- und Muslimfeindlichkeit ist etwas, was uns Muslime immer mehr Sorge bereitet. Es gibt in unserer Gesellschaft Akteure, die immer massiver Ressentiments gegen Muslime befeuern und Hysterie verbreiten. Der gesellschaftliche Frieden leidet darunter. Positiv zu beobachten ist allerdings auch, dass immer mehr Organisationen und Initiativen auf dieses Phänomen aufmerksam machen. Zivilgesellschaftliche Akteure sensibilisieren sowohl die Öffentlichkeit für dieses Thema, aber sie bieten auch Betroffenen Hilfe an. Aber was bedeutet dieses Phänomen der zunehmenden feindlichen Haltung gegenüber Muslimen für uns als Gläubige? Weiterlesen “Goldgewinnung”
Alter Sprengstoff
Das Unrecht schlägt uns nicht wie ein nasses Handtuch ins Gesicht. Es fällt nicht über uns her. Es überwältigt uns nicht. Das Unrecht kommt nicht als Feind, nicht als zwielichtige Gestalt, vor denen wir uns fürchten. Das Unrecht stößt uns nicht ab, es erzeugt keinen Widerwillen in uns.
Wer wir sein wollen
Im August 2008 erstattete Marwa El-Sherbini Anzeige gegen Alex Wiens, der sie rassistisch beleidigte und trat im Verfahren als Zeugin gegen ihn auf. Als er sie erneut – diesmal im Gerichtssaal – verbal angriff, legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, um ein höheres Strafmaß zu erreichen. Auch in dieser Verhandlung trat El-Sherbini als Zeugin auf. Wiens ging mit einem Messer auf sie los und stach 18-mal auf sie ein. Sie starb noch im Gerichtssaal. Wiens wurde im gleichen Jahr wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Es ist der erste antimuslimisch motivierte Mord in Deutschland.
Dieser Fall erweist sich auf verschiedenen Ebenen eine große Tragödie: El-Sherbini hatte alles richtig gemacht. Sie wurde Opfer einer rassistisch motivierten Straftat und wehrte sich dagegen mit den gegebenen rechtlichen Mitteln. Aber weder sie noch das Gericht rechneten mit dem Ausmaß des Hasses von Wiens. Wer wäre auch auf die Idee gekommen, dass jemand tatsächlich in einem Gerichtssaal und vor Zeugen solch eine Tat planen könnte. Es gab im Gerichtsgebäude keine Sicherheitskontrollen, sodass Wiens das Messer unbemerkt mit in den Gerichtssaal nehmen konnte. Das kostete die Leben von Marwa El-Sherbini und ihres ungeborenen Kindes. Ihr Ehemann, der ihr zur Hilfe eilte, erlitt nicht nur selbst Messerstiche von Wiens, sondern wurde auch von einem Polizisten angeschossen, da dieser ihn fälschlicherweise für den Angreifer hielt. Weiterlesen “Wer wir sein wollen”
Wir verneigen uns vor dem Menschen
In dem Film Rashomon von Akira Kurosawa aus dem Jahr 1950 gibt es gegen Ende eine Szene, in der ein Mönch seine Verehrung gegenüber einem anderen Menschen – dem Holzfäller – zum Ausdruck bringt, indem er sich vor ihm verneigt. Dabei ist der Holzfäller keineswegs ein Held. Im Gegenteil: wir lernen ihn kennen als jemanden, der mit allen menschlichen Makeln behaftet ist. So ist er nicht immer ehrlich, zuweilen eitel und selbstsüchtig. Er fügt anderen Menschen bewusst Schaden zu, allein um sich selbst in einem besseren Licht dastehen zu lassen. Kurzum: ein durch und durch schwacher Charakter. Nichts desto trotz ist es eine scheinbar bedeutungslose Geste jenes Holzfällers, durch die der Mönch, wie er selbst sagt, seinen Glauben an die Menschheit zurückgewinnt.
Eine ähnliche Geschichte finden wir auch im Koran. Dort sind es die Engel, die sich vor einem Menschen – Adam – niederwerfen, von dem sie zuvor sagen, dass er auf der Erde „Unheil anrichten und Blut vergießen“ werde (2:30-34). Auf den ersten Blick ein Widerspruch, der zudem durch zahlreiche andere Passagen verstärkt wird. Mitunter beschreibt der Koran den Menschen nämlich als „furchtsam“ und „ängstlich“ (17:19-20), als „überhastet“ (17:11), „geizig“ (17:100) und „voller Habgier“ (4:128). Weiterlesen “Wir verneigen uns vor dem Menschen”
Zeit der Freude, Zeit der Vergebung
Wieder ist der Ramadan schnell vorüber gegangen. 30 Tage, in denen
Muslime weltweit zwischen dem Beginn der Morgendämmerung und Sonnenuntergang nicht nur auf Essen und Trinken verzichtet haben, sondern auch mit den Augen, Ohren und mit dem Mund gefastet haben. Sich von negativen Dingen ferngehalten haben.
Dabei scheint es so, als ob dieser ganz besondere Monat erst wenige Tage
alt ist. Jetzt hat man sich gerade an den Rhythmus zwischen spätem Essen
und innerer Einkehr gewöhnt, und schon folgt mit dem Beginn des
dreitägigen Ramadanfestes am Ende der Fastenzeit der sehr deutliche
Übergang in den gewohnten Alltag. Das Ramadanfest ist aber nicht nur ein
Fest, bei dem man sich darüber freut, dass man die Fastenzeit geschafft
hat und nun wieder normal essen und trinken kann.