Todesfuge

Paul Celan (1920 – 1970) wurde in Czernowitz (Rumänien) in einer deutschsprachigen jüdischen Familie geboren.
Seine Eltern wurden 1942 in einem Konzentrationslager ermordet.
Paul Celan überlebte ein Arbeitslager, kehrte nach der Befreiung durch die Rote Armee 1944 in seine Heimatstadt zurück. Der 24-Jährige Dichter verfasste nach dieser traumatischen Erfahrung sein berühmtes Gedicht “Todesfuge”, ein Gedicht im Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungslager.

Am 27. Januar 2020 ist der 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz und der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

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Worauf es ankommt

Wir Muslime sind eine vielbeachtete Minderheit in Deutschland. Die Beschäftigung mit dem Islam hat in unserer Gesellschaft viele Facetten und unterschiedlichste Ausprägungen. Manchmal erleben wir als Muslime auch Ablehnung oder gar Anfeindung. Dieser Zustand ist eine Tatsache, vor der wir die Augen nicht verschließen können. Sie darf uns aber nicht in Lethargie, Wehklagen und Untätigkeit zurückfallen lassen.

Unser Prophet (s.a.s) hat selbst Zeiten der Ablehnung und Anfeindung erfahren. Er hat Unrecht und Gewalt erdulden müssen. Im Angesicht all dieser Erfahrungen hat er das Wort Gottes verkündet, das uns in Sure 2, 177 daran erinnert: „Fromm sind auch die, […], die in Not und Leid und zur Zeit der Gewalt geduldig sind. Sie sind es, die wahrhaftig sind, und sie sind die Gottesfürchtigen.“

Wenn wir Unrecht und Benachteiligung beklagen, kann die Geduld allein aber nicht der Schlüssel zur Verbesserung unserer Lebensumstände sein. Denn dazu sind wir als Muslime ja berufen: aktiv zu sein, nicht einfach zu verharren und sich in Selbstmitleid einzurichten, sondern zu handeln. Wie aber soll dieses Handeln konkret aussehen?

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Schenkt euch Zeit

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die unsere (Lebens-)zeit fest im Griff hat. Nicht wir managen unsere Zeit, sondern die Anforderungen unserer Gesellschaft. Unsere Arbeitszeiten, Essenszeiten, Freizeit- und Aktivitätenzeiten und Schlafenszeiten scheinen vorprogrammiert zu sein, um einen sozial anerkannten Platz in unserer Gesellschaft zu haben. Diese latente Fremdbestimmung führt dazu, dass wir von einem Termin zum anderen hetzen, ohne dabei zu merken, was dieser Druck mit uns macht. Am Ende des Tages sind wir erschöpft und haben weder Zeit noch Energie für die Menschen um uns, da wir den ganzen Tag wie eine Maschine funktionieren mussten.

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Macht der böse Andere mich zum Guten?

In unserer muslimischen Community im Allgemeinen und hier in Europa im Speziellen hat sich in den letzten Jahren, ja vielleicht sogar Jahrzehnten ein Automatismus entwickelt, was wir kaum in der Lage sind zu hinterfragen. Vielmehr werden wir wie ein Sog hineingezogen, getrieben von Emotionen und in Abwesenheit einer grundlegenden Reflektion darüber.

Immer wieder werden tragische Vorkommnisse oder Negativereignisse herangezogen, um Gläubige in verschiedener Weise zu mobilisieren, statt darüber zu reflektieren, welche Lehren man als Gemeinschaft aus diesen Ereignissen ziehen kann, und welche Fehlentwicklungen auf unserer Seite erst dazu geführt haben. So heißt es im Koran: „Was dich an Gutem trifft, ist von Allah, und was dich an Bösem trifft, ist von dir selbst.“ (4:79)

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Ein Zimmer zu wenig…

„Ganz gleich, wen ich frage“, schrieb einmal der türkische Dichter Özdemir Asaf (1923-1981), „jeder ist der Ansicht, dass sein Haus ein Zimmer zu wenig habe“.

Nehmen wir diese Aussage doch zum Anlass und horchen kurz in uns hinein. Verfallen nicht auch wir hin und wieder diesem Glauben? Dem Glauben nämlich, dass für das finale Glück in unserem Leben eine größere Wohnung, mehr Geld, ein teureres Auto, das neuste Smartphone, dieser oder jener Gegenstand fehle? Ist es nicht so, dass wir bereits von Kindesbeinen an lernen, Glück und eine höhere Lebensqualität seien vor allem durch mehr Besitz zu erlangen?

Nichts anderes gaukelt uns schließlich die Werbung vor, der wir tagtäglich ausgesetzt sind. Ein richtiges und gutes Leben ist demnach nur durch den Erwerb bestimmter Güter möglich. „Wohnst du noch oder lebst du schon?“ dröhnt es uns etwa vorwurfsvoll und gefühlt an jeder Straßenecke entgegen. „Entdecke das Leben“, werden wir andernorts aufgefordert. Eine Parfümeriekette verheißt uns ein „schöneres“, ein Jeanshersteller ein „erfolgreiches“ Leben. Die Botschaft ist klar: sich mehr Besitz anzueignen – wichtiger noch: mehr zu haben als andere –, erhöht augenscheinlich unseren Wert. Das Aufkommen immer neuer Bedürfnisse und ein uferloser Konsum sind die Folge.

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Ende des Ramadan

Wieder neigt sich der jährliche Fastenmonat seinem Ende zu. Und wieder lässt er uns erleben, wie die Herausforderungen, die er mit sich bringt, uns fast zur Gewohnheit werden. Wie scheinbar Unmögliches sich in ein alltägliches Ritual verwandelt und uns vor Augen führt, wie trügerisch unsere Gedanken und Vorstellungen über uns selbst sein können. Kaum sind wir in der Lage, hinter diesen Vorhang unserer Selbstwahrnehmung zu blicken, endet der Ramadan in Tagen der Freude, der familiären Verbundenheit und in vielfachen freundschaftlichen Begegnungen. Und wir fallen zurück in unser eingeübtes Verhalten und der Ramadan verblasst wieder für 11 Monate zu einer fernen Erinnerung der Überwindung von Hunger und Durst.

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Zeit der Versöhnung und inneren Stärke

Das erste Drittel des Ramadans ist vorüber und nicht wenige von uns haben die Eingewöhnung auf den Verzicht von Essen und Trinken am Tag mit mehr oder weniger Mühen geschafft. Jeden Tag gibt es einen festen Zeitpunkt, ab und bis wann man wieder essen und trinken darf. Umso mehr freuen wir uns, wenn wir abends zusammen im Kreis der Familie, der Freunde oder mit den Arbeitskollegen gemeinsam das Fasten brechen dürfen.

Es ist ein liebgewonnenes Ritual, bei dem Musliminnen und Muslimen nicht nur unter sich bleiben, sondern auch Andersgläubige miteinbeziehen. Im Ramadan gilt es, neben der Konzentration auf Allah und die besondere Spiritualität des heiligen Monats, auch die zwischenmenschlichen Beziehungen zu festigen. Das gemeinsame Fastenbrechen zählt zweifellos dazu.

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Die Schönheit des Anderen

Christchurch. Sri Lanka. An diesen Orten haben wir wieder erleben müssen, in welche Abgründe menschliches Handeln sinken kann; dass der Mensch zu Handlungen größter Grausamkeit fähig ist. Das ist die erste Erkenntnis, der wir uns stellen müssen. Die Täter sind keine Monster, keine Verirrungen unseres menschlichen Wesens, keine übernatürlichen, unfassbaren Kreaturen, fern von uns und unseren Potentialen. Die Täter sind Menschen aus unserer Mitte. Sie sind geprägt durch unsere gesellschaftlichen Bedingungen, durch unsere Debatten und Erzählungen. Die Täter formulieren keine neuen Ansichten oder Positionen, sie offenbaren keine originären Motive. Sie zitieren das, was unsere Debatten seit mindestens 20 Jahren prägt.

Wir bewegen uns in einer Debatte der Abgrenzung, der Differenzierung und der Urteilsfindung durch qualitative vergleichende Bewertung unterschiedlicher religiöser oder kultureller Inhalte. Vielfalt verstehen wir in erster Linie als einen faktischen Zustand einer als zunehmend aufgezwungen erlebten Vieldeutigkeit und Verschiedenheit der uns unmittelbar umgebenden Welt. Die Präsenz des Anderen, des Fremden empfinden wir als Belastung, als Zumutung. Wir erdulden Vielfalt mehr, als dass wir sie bewusst schätzen.

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Mit jeder Schwierigkeit kommt Erleichterung

Diskriminierung, Ausgrenzung, schwierige Lebensbedingungen – es gibt viele Gründe und Anlässe, um als Mensch die Hoffnung zu verlieren oder zu verzweifeln. Berufliche oder gesundheitliche Rückschläge, familiäre Probleme, niemand hat eine Sicherheit dafür, von solchen Schicksalsschlägen verschont zu bleiben. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, mit solchen Schwierigkeiten umzugehen. Jeder Mensch wird sicherlich unterschiedlich reagieren. Hoffnungslosigkeit ist dabei eine Reaktionsform, die für den Betroffenen besonders zerstörerisch sein kann.

Sowohl die Propheten von denen der Koran berichtet, als auch unser Prophet Mohammed (Allahs Friede sei mit ihm) waren nur zu gut vertraut mit Schwierigkeiten, Angriffen und Rückschlägen. Der Verlust der Hoffnung war jedoch keine Alternative für sie. Ihre Botschaft war es vielmehr, Hoffnung aufrecht zu erhalten, selbst in den schwierigsten Momenten ihrer Gemeinschaft Stärke zu vermitteln.

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Meinungsvielfalt nur wenn es uns passt?

Die nicht enden wollenden Debatten über die islamische Glaubenspraxis und Muslime geht nicht spurlos an uns Muslimen vorbei. Wie sollte dies auch, denn natürlich berührt uns Muslime die Infragestellung unserer Glaubensgrundlagen. Im sogenannten Islamdiskurs haben wir es nicht selten mit Panikmachern zu tun, die unsere Glaubenspraxis und Glaubensinhalte als feindliche Ideologie darstellen wollen. Wir Muslime weisen dann aus Reflex auf Andalusien, den indischen Subkontinent oder andere wichtige historische Kapitel hin, in denen Muslime Hochkulturen geschaffen haben, die einen wichtigen Beitrag für Wissenschaft, Philosophie und Kunst geleistet haben.

Ambiguitätstoleranz ist dabei ein gern verwendeter Begriff von uns Muslimen, um darauf hinzuweisen, dass Muslime in ihrer Geschichte andersdenkende Menschen und Andersgläubige respektiert und ihnen Freiheiten garantiert haben. So berechtigt die Zurückweisung der Panikmacher, die aus dem Islam eine Ideologie machen wollen, sein mag, müssen wir Muslime auch aufrichtig sein. Inwiefern spiegelt der inflationäre Gebrauch des Begriffs Ambiguitätstoleranz unseren Zustand im Hier und Heute wieder? Man kann aus der Geschichte der Muslime in Andalusien oder anderen wichtigen Zentren der islamischen Gelehrsamkeit sehr viel lernen und Lehren für unsere Gegenwart ziehen, ohne Zweifel.

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