Die Schönheit des Anderen

Christchurch. Sri Lanka. An diesen Orten haben wir wieder erleben müssen, in welche Abgründe menschliches Handeln sinken kann; dass der Mensch zu Handlungen größter Grausamkeit fähig ist. Das ist die erste Erkenntnis, der wir uns stellen müssen. Die Täter sind keine Monster, keine Verirrungen unseres menschlichen Wesens, keine übernatürlichen, unfassbaren Kreaturen, fern von uns und unseren Potentialen. Die Täter sind Menschen aus unserer Mitte. Sie sind geprägt durch unsere gesellschaftlichen Bedingungen, durch unsere Debatten und Erzählungen. Die Täter formulieren keine neuen Ansichten oder Positionen, sie offenbaren keine originären Motive. Sie zitieren das, was unsere Debatten seit mindestens 20 Jahren prägt.

Wir bewegen uns in einer Debatte der Abgrenzung, der Differenzierung und der Urteilsfindung durch qualitative vergleichende Bewertung unterschiedlicher religiöser oder kultureller Inhalte. Vielfalt verstehen wir in erster Linie als einen faktischen Zustand einer als zunehmend aufgezwungen erlebten Vieldeutigkeit und Verschiedenheit der uns unmittelbar umgebenden Welt. Die Präsenz des Anderen, des Fremden empfinden wir als Belastung, als Zumutung. Wir erdulden Vielfalt mehr, als dass wir sie bewusst schätzen.

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