FAQ

Häufig stellen wir uns Fragen, wie wir bessere Muslime werden können. Wir fragen danach, was wir als Muslime dürfen oder nicht dürfen. Was wir essen oder trinken sollen oder was wir gerade nicht essen oder trinken sollen. Wir fragen danach, ob dieses oder jenes Verhalten besser ist für uns als Muslime. Und wir glauben häufig daran, dass andere Menschen, die tatsächlich oder vermeintlich viel über den Islam wissen, die richtige Antwort auf unsere Fragen haben. Zahllose Internet-Imame verkünden im Brustton des heiligen Ernstes, was sich für einen Muslim schickt oder nicht schickt, wie man sich als Muslim zu verhalten habe. Was viele nicht wahrnehmen: Auf nahezu jede Frage des religionspraktischen Lebens findet sich in den Schriften muslimischer Autoren über all die Jahrhunderte der muslimischen Gelehrsamkeit hinweg eine Antwort – und gleichzeitig eine davon abweichende Gegenmeinung. Welche Antwort soll nun die einzig richtige Antwort sein?

Was wir auch häufig ausblenden: Die Antworten der Internet-‘Shaykhs’ folgen häufig genug nicht irgendeiner gut recherchierten, fundierten historischen Lehrmeinung, sondern in den meisten Fällen nur dem, was die Befragten ganz persönlich für die richtige und nachahmenswerte Antwort halten. Mit diesen oft in pseudoreligiöse Floskeln gegossenen Antworten meinen die Fragenden dann die Antwort auf die Frage erhalten zu haben, wie sie bessere Muslime werden können. In Wirklichkeit erhalten sie aber nur eine Antwort auf die gar nicht gestellte Frage, wie sie zu Muslimen werden können, die sich die Befragten als gute Muslime vorstellen.

Wir müssen also festhalten: Wir können nicht zu besseren Muslimen, nicht zu besseren Menschen werden, wenn wir Fragen stellen, die andere Menschen uns beantworten sollen. Wenn wir davon überzeugt sind, dass Islam die Ergebenheit in den Willen Gottes bedeutet, müssen wir einsehen, dass wir Fragen an uns selbst stellen müssen. Und dass wir die Antworten auf unsere Fragen allein vor Gott verantworten.

Wenn wir davon überzeugt sind, dass „muslimun“ einen Zustand beschreibt, in dem wir unbedingt und uneingeschränkt Gott zugewandt sind, dann müssen sich unsere Fragen an uns selbst nach dem richten, was Gott für uns ist. Einen Hinweis darauf, welche Fragen wir uns stellen müssen, geben uns die schönen Namen Gottes:

Ar-Rahman / Ar-Rahim: War ich heute einem anderen Menschen gegenüber barmherzig?

As-Salam: Führe ich ein Leben, das mir und anderen ein friedliches Umfeld schafft?

Al-Muhaymin: Beschütze ich andere Menschen, andere Lebewesen vor Schaden?

Al-Bari / Al-Musawwir: Habe ich heute etwas „erschaffen“? Etwas mit meinen Händen oder Gedanken geformt?

Al-Gaffar: Habe ich heute jemandem vergeben?

Ar-Razzaq: Habe ich heute einen Bedürftigen versorgt?

Ar-Rafi: Habe ich heute Menschen unterstützt und aufgerichtet, die benachteiligt werden?

As-Sami: Habe ich heute jemandem aufmerksam zugehört?

Al-Basir: Habe ich genau hingeschaut, um die Bedürfnisse eines anderen Menschen zu erkennen?

Al-Adl: Bin ich jedem gegenüber gerecht?

Al-Latif: Habe ich ein Gespür für die Feinheiten des Lebens?

Al-Halim: Bin ich empathisch und mitfühlend anderen gegenüber?

As-Sakur: Bin ich dankbar für das, was ich habe?

Al-Hafiz: Bewahre und erhalte ich das Gute und Schöne, das uns umgibt?

Al-Muqit: Habe ich heute jemandes Hunger gestillt?

Al-Wadud: Verhalte ich mich liebevoll?

As-Sabur: Bin ich angesichts all dieser Fragen geduldig mit mir und anderen?

Wir leben nach den Vorstellungen anderer, wenn wir sie nach den Bedingungen unserer Frömmigkeit befragen. Nur wenn wir uns selbst befragen, führen wir ein eigenverantwortliches Leben zum Wohlgefallen unseres Schöpfers.