Die öffentliche Diskussion über den Islam in unserem Land ist von einer Sprache geprägt, die hinterfragt werden muss: Häufig ist die Rede von „konservativen“ und „liberalen“ Muslimen. Aber die Formulierung „konservativer Muslim“ ist – wenn man die Offenbarung des Koran ernst nimmt – ein Oxymoron, also eine in sich gegensätzliche Beschreibung. Traditionen, althergebrachte Regeln und überlieferte Ansichten sind beim Blick in den Koran mit großer Vorsicht, ja geradezu mit fundamentaler Skepsis zu behandeln.
In verschiedenen Versen wird auf diesen Aspekt hingewiesen. So heißt es in Sure 2, Vers 170 und Sure 5, Vers 104 und leicht abgewandelt in Sure 31, Vers 21 über jene, die von der Rechtleitung der Offenbarung abkommen: „Und wenn ihnen gesagt wird: ‚Folgt dem, was Gott herabgesandt hat‘, sagen sie: ‚Wir folgen lieber dem, was wir bei unseren Vätern vorgefunden haben.‘ Was denn, auch wenn ihre Väter nichts verstanden haben und der Rechtleitung nicht gefolgt sind?“.