Der Glauben, der Iman an den einen Gott, er ist nichts Statisches, nicht einfach nur ein Zustand. Er bewegt den Menschen, beeinflusst und zeigt sich im Handeln des Einzelnen. Der Glaube nimmt Einfluss auf die Handlung, aber die Handlung prägt auch den Glauben. Immer wieder wird im Koran der Iman zusammen mit den Taten angeführt, für die der Glauben sorgt, zu denen er die Gläubigen führt.
Mit dem Glauben an Allah, an Gott endet für den Muslim nicht sein Pfad. Mit dem Glauben öffnet sich der Weg zu einem mehr an Menschlichkeit und Fürsorge für den Anderen. In vielen Versen taucht der Glaube als Teil eines Dreiklangs auf: Der Glaube, das Gebet und die gute Tat. Diese drei Elemente bedingen sich gegenseitig, sie stützen sich gegenseitig. Der Glaube wächst zum Beispiel mit dem Gedenken Gottes, mit seiner Anbetung. Die Gute Tat, auch diese lässt den Glauben wachsen. Zu Glauben bedeutet, ein feinfühliges, ein in Ehrfurcht immerzu erbebendes Herz zu haben:
Die Gläubigen, das sind jene, deren Herzen in Ehrfurcht erbeben,
wenn Gott genannt wird, und deren Glaube zunimmt,
wenn ihnen seine Verse vorgetragen werden,
und die auf ihren Herrn vertrauen,
die das Gebet verrichten
und von dem, womit wir sie bedachten, spenden.
Das sind die wahrhaft Gläubigen,
Wertschätzung haben sie bei ihrem Herrn,
Vergebung und großzügige Versorgung. (8:2-4)
Der Glaube bezieht sich nicht nur auf die Beziehung des Menschen zu seinem Schöpfer. Er sollte sich auch auf die Verhältnisse zwischen den Geschöpfen auswirken. Der Niederschlag des Glaubens auf Haltung und Handeln des Menschen zeigt sich insbesondere im Umgang mit anderen Menschen. Kann ein Herz denn mit Ehrfurcht beben, wenn er gefüllt ist mit Hass gegen andere Menschen? Darf man auf Gottes Wertschätzung hoffen, wenn man keine für seine Mitmenschen aufbringt?
In der Sura Furkan wird eine Wesenseigenschaft des Gläubigen mit Sanftmütigkeit beschrieben. Es ist nicht Zorn, der sie oder ihn antreibt, es ist nicht Hass der ihr/sein Leben bestimmt. Sanftmütig wandelt der Gläubige auf Erden und beschränkt die eigene Sanftheit nicht nur auf den ihm Genehmen:
Die Diener des Barmherzigen sind jene,
Die sanftmütig auf Erden wandeln
Und die, wenn Unwissende zu ihnen sprechen, «Frieden!» sagen. (25:63)
Die Begegnung mit dem “Unwissenden” findet heute hauptsächlich in den sozialen Medien statt. Viele Nutzer durchleben dort ihre Prüfung. Es begegnen uns Hass, Neid und beharrliches Unwissen. “Frieden” zu sprechen, “Salam” im Original, würde hier bedeuten, sich von diesen niederen Instinkten nicht ansprechen zu lassen, sie erst recht nicht zu übernehmen.
Der Vers warnt uns davor, von der Schlechtigkeit des Gegenüber uns anstecken zu lassen. Er empfiehlt uns als Zeichen des Glaubens, unsere Sanftmütigkeit nicht zu verlieren. Diese zeigt sich nicht bloß in einem harmonischen Umfeld. Sie bekommt ihre wahre Bedeutung gerade dann, wenn es uns schwer fällt sanftmütig zu sein, uns unserem bebenden Herzen bewusst zu sein.