Für uns sind sie etwas Selbstverständliches. Sie waren da, als wir noch klein waren, wir sind auch in ihnen aufgewachsen und mindestens einmal die Woche finden wir uns dort wieder ein. Die kleinen und großen Moscheegemeinden um uns herum. Manche gibt es seit über 50 Jahren, manche erst seit 10-15 Jahren. Für die meisten von uns sind sie einfach da, als könnten sie aus sich heraus existieren, als würden alle Notwendigkeiten und Bedingungen für ihre Existenz von einer höheren Macht erfüllt.
Sie werden jedoch von Menschen betrieben, von Menschen wie du und ich. Von einigen wenigen Engagierten, die ihre Freizeit, ihr Können und oftmals ihr Geld aufopfern, damit wir alle in den Moscheen unsere religiösen und sozialen Bedürfnisse befriedigen können. Kaum eine Moscheegemeinde kann auf ein finanzielles Polster, hauptamtliche Verwaltungsmitarbeiter und gesicherte Einkünfte vertrauen. Für fast alle Gemeinden in Deutschland ist es Monat und Monat ein Ringen um das Notwendigste, eine stetige Mängelverwaltung, die uns am Ende unsere wertvollste Ressource Mensch, in Form von ausgebrannten Ehrenamtlichen, kostet.
Moscheegemeinden sind in Deutschland anders organisiert als Kirchen und werden anders finanziert. 3,4 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder kommen Sonntags zum Gottesdienst, ca. 10 Prozent sind es bei der katholischen Kirche. Überspitzt formuliert könnte man sagen, dass von einer Mehrheit von Kirchenmitgliedern die Infrastruktur für eine nutzende Minderheit finanziert wird. Eine mitgliedschaftliche Erfassung der Angehörigen gibt es zwar im Islam nicht. Legen wir die Zahl der Fördermitglieder und die Zahl der Besucher beim Freitagsgebet in den Moscheegemeinden zu Grunde, haben wir hier eine andere Konstellation. In größeren Moscheen mit weit über 1000 Besuchern beim Freitagsgebet sind es oftmals gerade einmal 200 bis 300 Fördermitglieder, die die laufenden Kosten der Gemeinde tragen. Hier finanzieren quasi 25 % die Infrastruktur, die von 100 % genutzt wird. Was treibt diese wenigen Menschen dann an, sich diese Belastung Woche für Woche, Monat für Monat anzutun?
“Die Anbetungsstätten Allahs soll nur unterhalten, wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, wer das Gebet verrichtet und aus Mildtätigkeit ausgibt und keinen fürchtet außer Allah. Vielleicht gehören jene zu denen, die sich leiten lassen.” (9:18)
Der Vers gibt eine Hoffnung derjenigen wieder, die sich in diese Arbeit begeben. Er ist kein Ausdruck der Exklusivität, er ist eine Ermunterung, sich einzubringen und einzusetzen. Der Glaube an Allah und den Jüngsten Tag wird oftmals zusammen mit Bewusstsein, Verantwortungsbewusstsein angeführt. Die stete Verrichtung des Gebetes braucht Disziplin, die Bereitschaft zu Mildtätigkeit erfordert Selbstlosigkeit und keinen zu fürchten außer Allah Aufrichtigkeit und Selbstbewusstsein. Der Vers gibt zwischen den Zeilen Eigenschaften wieder, die einerseits im Dienst für die Gemeinde notwendig sind, andererseits auch in diesem Dienst ausgebaut werden können.
Aktuell findet die Arbeit in den Moscheegemeinden fast ausschließlich ehrenamtlich statt. Die Ehrenamtlichkeit bedeutet nicht, dass diese Arbeit dilletantisch oder amateurhaft sein darf. Der Dienst am Menschen, und darum handelt es sich bei der Arbeit in der Gemeinde, verdient Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit. Er spricht die Herzen der Menschen an und für viele Muslime ist die Moscheegemeinde der Ort, an dem sie ihre Spriritualität ausleben können. Für manche Nicht-Muslime ist es der Ort, an dem sie mit “dem” Islam in Berührung kommen. Es ist ein Ort, der es nicht verdient mit Misswirtschaft, Missgunst und Dilettantismus in Verbindung gebracht zu werden. Denn am Ende wirken sich diese Negativitäten auf die Religiosität der Menschen aus.
Dies wird nicht durch das unter den Teppich kehren von Problem erreicht. Wir können das Fernbleiben dieser Missstände nur dann gewährleisten, wenn wir in unsern Gemeinden noch penibler als sonst auf sorgsame Mittelverwendung, auf die Schulung und Fortbildung auch der ehrenamtliche Mitarbeiter und die verantwortungsbewusste Übernahme und Vergabe von Ämtern achten. Dies bedeutet dann aber auch, dass wir als Mitglieder unserer Gemeinden Transparenz einfordern und als Vorstände praktizieren müssen. Dann werden wir unserer jeweiligen Verantwortung und der Hoffnung aus dem obigen Vers gerecht werden können.
“Siehe, Allah befiehlt euch, die euch anvertrauten Güter ihren Eignern zu übergeben. Und, wenn ihr zwischen den Menschen richtet, in Gerechtigkeit zu richten. Siehe, wie wunderbar ermahnt euch Gott darin! Siehe, Allah ist hörend, sehend.” (4:58)
(ek)