In den letzten Tagen hat der Skandal um die Ausbreitung von COVID19 in einem der größten Fleischfabriken Europas bei uns für großes Aufsehen gesorgt. Nicht nur, dass sich über 1500 Mitarbeiter dort infizierten und somit eine ganze Region unter strengen Kontaktbeschränkungen und Kontrollen fallen ließ sorgte für Ärger und Entsetzen. Ein Blick auf die Gründe für dieses Geschehen zeigte auch unter welchen erbärmlichen Bedingungen die Mitarbeiter, die zum größten Teil aus Osteuropa kommen, für wenig Geld arbeiten und wohnen. Nicht selten sind diese Menschen nach einigen Jahren harter Arbeit körperlich fertig.
Der Hauptgrund für diese seit Jahren von Politik und Gesellschaft geduldete gängige Praxis ist schlicht und einfach die Gier nach Profit der Fleischunternehmen. Je günstiger das Fleisch auf dem Markt angeboten werden kann, desto besser für den Umsatz. Denn viele Verbraucher schauen leider noch zu oft bei Fleisch auf den Preis und hinterfragen selten die Bedingungen, unter welchen dieses erzeugt wurde.
Auch Muslime sind von dieser Denkweise nicht ausgenommen, schließlich kommt ein großer Teil des Fleisches, welches wir oft in gutem Gewissen beim „Halal“-Metzger kaufen auch aus diesen Fleischfabriken. Teuer ist es meistens auch nicht. Wer für 4 Euro ein Kilo Halalhackfleisch an der Theke ersteht, stellt in der Regel keine weiteren Fragen. Schade eigentlich. Denn die muslimischen Speisevorschriften bedeuten eigentlich noch viel mehr als nur das Ausrufen des Namen Allahs beim Schlachten.
Sie beinhalten z.B. auch eine artgerechte Tierhaltung ebenso wie stressfreie Tiertransporte. Stellen wir uns diese Fragen eigentlich beim Einkaufen? Haben wir sie schon mal dem Verkaufspersonal vor Ort gestellt? Natürlich nicht.
Ach ja: Wer für 4 Euro ein Kilo Halalhackfleisch an der Theke ersteht, stellt in der Regel keine weiteren Fragen.
Nun erweitern wir den Halalbegriff um die Komponente „Arbeitskräfte“. Werden diese ordentlich für ihre schwere Arbeit entlohnt? Können sie davon in Würde leben? Werden sie auch nicht ausgebeutet?
In diesem Kontext kann man im übertragenen Sinne folgenden Vers aus dem Koran verstehen:
„O ihr Menschen! Esst von dem, was auf Erden erlaubt und gut ist, und folgt nicht den Fußstapfen Satans; siehe, er ist euch ein offenkundiger Feind.“ [2:168]
Für uns Musliminnen und Muslime ergeben sich daraus wichtige Teile eines umfassenden Begriffs von „halal“, der auch kritische Nachfragen einschließt. Letztlich liegt es an uns, ob wir weiterhin möglichst billig kaufen wollen und die skandalös-unethische Praxis der Fleischproduzenten unterstützen oder ob wir sie mit unserem Anspruch zum Umdenken zwingen. Übrigens: weniger Fleisch tut allen gut und es geht sogar ganz ohne.