Der Freitag ist für uns Muslime ein besonderer Tag. Wie schon unser Prophet in einem Hadith betont:
“Der beste Tag an dem die Sonne aufgeht, ist der Freitag: Adam wurde an diesem Tag erschaffen, an diesem Tag ging er ins Paradies ein und wieder an einem Freitag wurde er aus diesem hinausgeschickt; auch das Jüngste Gericht wird an diesem Tag anbrechen.” (Muslim, ‘Dschuma’, 18)
Der Freitag heißt im muslimischen Raum, dem arabischen Namen folgend, Dschuma. Das arabische Wort Dschuma kommt von dem Wortstamm “dschem”, was so viel bedeutet wie “zusammentragen, zusammenbringen”. Die Wortherkunft von Dschuma ist auch ein Hinweis auf einer der wichtigen Funktionen des Freitags für uns Muslime. Denn ein wichtiger Bestandteil dieses Tages ist, dass die muslimische Gemeinschaft zum Freitagsgebet zusammenkommt. Das Besondere daran ist dabei nicht nur das Gebet, sondern auch die Begegnung von unterschiedlichen Teilen der Gemeinschaft, von Jung und Alt, von Muslimen verschiedenster Herkünfte, Bildungsgrade und gesellschaftlicher Stellung. Diese spirituelle und physische Begegnung ist ein elementarer Bestandteil für eine lebendige Gemeinschaft.
Unser Prophet teilte den Gläubigen mit, dass demjenigen, der an diesem Tag die nötige Reinigung vollzieht, in die Moschee geht und die Predigt(Khutba) hört, und das Gebet verrichtet, sämtliche Vergehen, die er seit dem letzten Freitagsgebet begangen hat, vergeben werden. Die Warnung dahingehend, dass demjenigen, der diesen Tag missachtet und an drei Dschuma-Gebeten hintereinander nicht teilnimmt, das Herz versiegelt wird, weist auf die Besonderheit dieses Tages hin, wenn auch in einem anderen Sinne.
Die Etablierung des Freitagsgebets war für die ersten sogenannten Gastarbeiter hier in Deutschland dementsprechend von höchster Priorität. Lange bevor überhaupt die ersten Moscheen gegründet wurden, versuchte man für das Freitagsgebet provisorische Räume zu organisieren. Diesen einzigartigen Pionieren ist es zu verdanken, dass diese wichtige religiöse Praxis vollzogen werden konnte und im weiteren Verlauf daraus auch die ersten Moscheeräumlichkeiten entstanden.
Die Freitagspredigt spielt in diesem Kontext eine zentrale Rolle, denn ohne die Freitagspredigt ist ein Freitagsgebet nicht gültig. Aber die Freitagspredigt hat auch eine darüberhinausgehende Funktion. In der Freitagspredigt – so zumindest die Idealvorstellung – sollte der Imam Themen ansprechen, die die konkrete Gemeinde, vor der er spricht, beschäftigt. Die Freitagspredigt ist der Höhepunkt der Woche für die Gläubigen, in dem er/sie vom Imam der Gemeinde Impulse und spirituelle Anregungen erwartet für die Herausforderungen seines Alltags. Die Freitagspredigt sollte also die Lebensrealitäten der konkreten Gemeinde thematisieren.
Dazu gehört es auch, die Sprache der Gemeinde zu sprechen. Nicht nur die behandelten Themen der Freitagspredigt müssen einen Bezug zur Lebensrealität der Gemeinde haben, sondern man muss sich auch der Herausforderung stellen, dass die Zusammensetzung der Gemeinde insbesondere zum Freitagsgebet heute eine andere ist als früher. Kann man da noch Predigten halten, die thematisch und auch oft sprachlich gefärbt sind von einem kulturell gerahmten Islamverständnis, mit der große Teile der Gemeinde, vor der man spricht, nicht mehr viel anfangen können?
Wir als muslimische Gemeinschaft betonen immer, dass die vielfältige muslimische Gemeinde am Freitag zusammenkommt und sich begegnet. Aber findet wirkliche eine Begegnung statt, oder ist es nicht teilweise traurige Realität, dass Muslime zum Freitagsgebet zusammenkommen, die Predigt konsumieren und dann wieder auseinandergehen, ohne dass wirklich eine Begegnung, ein Austausch und spirituelle Wärme zu spüren ist? Und wie können wir vom Zusammenkommen der Gemeinschaft zum Freitagsgebet sprechen, wenn immer noch in zahlreichen Moscheegemeinden die Frauen an diesem Tag abwesend sind, weil angeblich nicht genug Raum vorhanden ist?
Wenn uns das Freitagsgebet wirklich wichtig ist, müssen wir uns diesen Fragen stellen und gemeinsam überlegen, wie man den veränderten Bedürfnissen der Gemeinschaft gerecht werden kann. (eg)