Seit Wochen hören wir Berichte über Anschläge auf Moscheen. Bilder von abgebrannten Gebetsräumen und verkohlten Koran-Seiten brennen sich in unser kollektives Gedächtnis ein. Und als ob dies alles nicht reichen würde, stellt der frisch vereidigte Bundes-Innenminister die Zugehörigkeit des Islams in Deutschland in Frage. Frustration, Irritation, ja sogar Angst sind Reaktionen, auf die wir in der Gemeinschaft stoßen. Und eine gefährliche Hoffnungslosigkeit macht sich breit – gespeist von nicht enden wollenden Debatten, über ein Faktum, das gar nicht zur Diskussion steht – dass wir hier dazugehören.
So nachvollziehbar die Enttäuschung ist, so falsch ist das Verfallen in Resignation und das Feststecken in der Hoffnungslosigkeit. Diese Hoffnungslosigkeit bedeutet nämlich auch den Verlust des Glaubens an die eigene Wirkmächtigkeit, den Verlust der Hoffnung in sich selbst, den Verlust der Hoffnung in Allah.
Das Hoffen in Ihm ist verbunden mit dem Wissen um das von Ihm gegebene Potential, um die Hoffnung, die Er in uns gesetzt hat. Das Bestehen in schwierigen Zeiten bedeutet dann, sich diesen Ausgrenzungen und Angriffen entgegenzustellen, den Mut nicht zu verlieren und weiterhin den eigenen Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander zu leisten.
Auch die erste Gemeinde hatte immer wieder mit diesen Zweifeln zu kämpfen gehabt, zugegeben unter teilweise viel dramatischeren Verhältnissen. Nach einer Überlieferung kam nach den schmerzlichen Verlusten bei Uhud, quasi vor der eigenen Haustür also, Verzweiflung auf. Die Gemeinschaft hatte dabei nicht nur mit Unterdrückung und Verfolgung zu kämpfen, sie stand quasi vor der Vernichtung.
Eine Herabsendung Allahs gab ihnen jedoch Hoffnung. Sie waren nicht alleine in ihrem Leid und es gab einen Ausweg. Denn selbst wenn jeder Hoffnungsschimmer verblasst, ist Er es, in den wir unsere Hoffen setzen können:
„Oder glaubt ihr etwa, in das Paradies einzutreten, ohne dass euch das Gleiche traf wie die vor euch? Es traf sie Unglück und Not, und sie wurden so hin- und hergeschüttelt, dass der Gesandte und die Gläubigen bei ihm sprachen: »Wann kommt Allahs Hilfe (endlich)? Doch Allahs Hilfe ist nahe!«“ (2:214).
Gemäß dem Exegeten Razi waren es die Gläubigen selbst, die die Antwort auf ihre Frage gaben. Und dieses Detail ist wichtig. Sie haben sich also nicht darauf eingestellt, dass ein ferner Retter ihnen zu Hilfe kommt, mit der Hoffnung in Allahs Hilfe haben sie ihr Schicksal in die eigene Hand genommen.
Mag sein, dass uns die Angriffe Angst machen, die penetrante Ausgrenzungsversuche von manchen politischen Akteuren zermürben. Es liegt jedoch in unseren Händen, sich dagegen zu stellen. Alles was wir dafür brauchen, hat Er uns nämlich schon mit auf den Weg gegeben, unseren freien Willen, unseren Verstand, unsere Eigenständigkeit. Jetzt erst recht werden wir eintreten für die Vielfalt in dieser Gesellschaft, eintreten für Religionsfreiheit, eintreten für die Gleichheit aller Menschen, eintreten für die Rechte der Menschen, unabhängig von Herkunft, Nationalität, ethnischem Hintergrund oder Religion.
Wir sind das Argument dafür, dass der Islam und Muslime hierher gehören, unser Dasein im hier und jetzt ist Argument genug. Und unser Dasein steht nicht zur Diskussion, kann uns von keinem Politiker und keinem Wahlkampf genommen werden. Und dieses Dasein wird sich niederschlagen in unseren Wortmeldungen, in unseren Beiträgen zum Diskurs, in unserer gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme, unserem zivilgesellschaftlichen Einsatz, in unserem Einsatz für den Anderen. (ek)