Fest wie ein Knoten

In unserer Gesellschaft kommt es immer häufiger zu Trennungen und Scheidungen von Paaren. Menschen sind nicht in der Lage, intakte Beziehungen zu führen. Als Grund wird oft die Liebe erwähnt, die die Partner nicht mehr füreinander empfinden. Das, was viele Paare als Liebe bezeichnen,wird häufig mit sexuellem Verlangen verwechselt, welches nach einer gewissen Zeit seine anfängliche Attraktivität verliert und nicht mehr im Fokus des Zusammenlebens steht. Zum Zusammenleben gehört neben körperlicher Liebe auch die Fähigkeit und die Bereitschaft, sich zu einem Lebenspartner binden zu wollen. Wenn ein Partner jedoch Schwierigkeiten hat, sich zu binden, dann kann die Ursache dafür in der Kindheit liegen. Traumatisierungen in der frühkindlichen Phase durch Gewalt, Misshandlung und Vernachlässigung können im Erwachsenenalter zur Bindungsstörung führen.

Diese Art von Traumata, die durch die Bezugspersonen ausgelöst werden, haben negative Auswirkungen auf die Bindungsentwicklung des Kindes bis zum späten Lebensalter. Das Kind speichert diese negativen Erfahrungen als Angst, Erschütterung und Misstrauen. Das Selbst-und Weltverständnis wird zerrüttet, so dass diese Personen Schwierigkeiten haben, anderen Menschen zu vertrauen und sich zu öffnen. Meistens werden diesen Kindern instabile Beziehungen durch die Eltern vorgelebt, welches das Bindungsproblem der Kinder im Erwachsenenalter vergrößert.

Das Fundament einer intakten Beziehung liegt demnach in der frühkindlichen Erziehung, die mit Liebe, Aufmerksamkeit und Hingabe zum Kind umhüllt sein sollte. Es wäre hilfreich, wenn man bereits bei der Partnerwahl auf Charaktereigenschaften wie Friedfertigkeit,Vertrauenswürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein achtet, damit die Liebe, die zwischen einem Paar herrscht, zu einer starken und festen Bindung führt und diese den Nachkommen so vorgelebt und weitergegeben wird.

Eine feste Beziehung bzw. die Ehe wird im Islam als die Vollendung des Glaubens betrachtet,die die Gläubigen vor vielen Sünden schützt. Die gegenseitige Unterstützung der Lebenspartner auf ihrem Lebensweg und die Geborgenheit, die man in einer festen Partnerschaft findet, werden im Koran mit dem beeindrucken Vers „Sie sind ein Kleid für euch und ihr ein Kleid für sie“ (2:187) zum Ausdruck gebracht. Eine intakte Ehe kann eine Kraftquelle für die seelische Entwicklung sein, denn in Sure 21 Vers 30 heißt es„damit ihr Ruhe bei Ihnen findet“. Der Prophet selbst beschrieb die Liebe zu seiner geliebten Frau Aischa als einen „festen Knoten in einem Seil“ und machte die Stärke seiner Bindung zu ihr deutlich.

Man kann Liebe nur dann weitergeben, wenn man selbst liebt und Liebe erfährt. Goethe beschreibt dieses Phänomen in seinem Werk „Die Wahlverwandtschaften“ folgendermaßen: „Man muss nur Ein Wesen recht von Grund aus lieben, da kommen einem die übrigen alle liebenswürdig vor“.

Der Ursprung der Liebe liegt in der Schöpfung selbst und ist in der Natur des Menschen fest verankert. Wenn wir uns der Liebe Allahs bewusst werden, kann uns dies Kraft und Vertrauen geben, wieder stabile Bindungen und Beziehungen zu unseren Mitmenschen aufzubauen, auch wenn einigen diese in der Kindheit nicht gegeben oder geraubt worden sind. (sbk)