Goldgewinnung

Islam- und Muslimfeindlichkeit ist etwas, was uns Muslime immer mehr Sorge bereitet. Es gibt in unserer Gesellschaft Akteure, die immer massiver Ressentiments gegen Muslime befeuern und Hysterie verbreiten. Der gesellschaftliche Frieden leidet darunter. Positiv zu beobachten ist allerdings auch, dass immer mehr Organisationen und Initiativen auf dieses Phänomen aufmerksam machen. Zivilgesellschaftliche Akteure sensibilisieren sowohl die Öffentlichkeit für dieses Thema, aber sie bieten auch Betroffenen Hilfe an. Aber was bedeutet dieses Phänomen der zunehmenden feindlichen Haltung gegenüber Muslimen für uns als Gläubige?

Empörung, Aktivismus, frustrierter Rückzug und auch die Flucht in identitäre Denkmuster oder in ein Freund-Feind-Denken ist in Teilen der muslimischen Community zu beobachten. Die Frage, mit der wir uns als Muslime daher auch beschäftigen müssen, sind die Auswirkungen dieses Ressentiments auf unsere Spiritualität.

Fragen wir uns auch, warum das Ganze geschieht, welchen Sinn und Zweck das alles hat, was Allah uns damit vielleicht offenbaren will? Dies mag vielleicht für manche etwas deplatziert sein, aber auch mit dieser Frage sollten wir uns Muslime auseinandersetzen, auch wenn der erste Reflex vielleicht eine Ablehnung gegenüber so einer Auseinandersetzung ist.

Unsere Denktradition und Glaubensgrundlagen lehren uns, dass Prüfungen stets einen Sinn und Zweck haben. Anstatt dass wir aufgrund erfahrenen antimuslimischen Rassismus selbst beginnen Ressentiments zu entwickeln, sollten wir uns auf spiritueller Ebene fragen, welchen Nutzen wir in unserer Entwicklung daraus ziehen können, was Allah uns sagen möchte, weshalb wir mit dieser Herausforderung konfrontiert werden.

„Meinen die Menschen, dass sie in Ruhe gelassen werden, weil sie sagen: “Wir glauben”, ohne dass sie geprüft werden (yuftanūn). Wir haben bereits diejenigen vor ihnen geprüft (fatanna). Allah wird ganz gewiss diejenigen kennen, die die Wahrheit sprechen, und Er wird ganz gewiss die Lügner kennen.“ (29:2-3)

Der Begriff der „fitna“ in diesen Versen ist etymologisch betrachtet ein Goldgewinnungsprozess. Prüfungen sollen aus uns Menschen gereinigtes Gold machen. Doch eine innere Reinigung erfordert eine Reflexion, über das, was geschieht, ein Differenzieren und zur Ruhe kommen, um ausgewogen Handeln zu können. Wir sollten uns außerdem die Frage stellen, was wir persönlich an uns, an unserem aktuellen Denken und Handeln verändern müssen. Muslime beklagen sich zwar darüber, dass DIE Gesellschaft sie nicht so akzeptiert wie andere Teile, doch haben wir unsere Umwelt für uns überhaupt akzeptiert, sehen wir uns als Teil des Ganzen und selbst in der Verantwortung? Oder flüchten wir gedanklich lieber in eine Scheinheimat im Ausland, verallgemeinern wir vielleicht auch – nicht selten ist die Rede von DEN Deutschen – und konstruieren selbst Scheindebatten („Angriff auf den Islam“)?

Passend dazu sagt Allah im Koran (13:11): „Allah ändert nicht den Zustand eines Volkes, bis sie das ändern, was in ihnen selbst ist.“ (mm)