Kinder geben uns schon hier ein Paradies

Unser Umgang mit Menschen, der variiert bisweilen. Auch wenn wir wissen, dass jeder Mensch vor Gott gleich ist, so schaffen es die wenigstens von uns, alle Geschöpfe Gottes gleich zu behandeln. Es gibt keine Garantie dafür, dass wir in Zukunft unsere Mitmenschen tatsächlich besser behandeln, besser mit ihnen umgehen werden. Immer wieder gab es in der Menschheitsgeschichte Zeiten und Phasen, in denen sich die Menschen jeweils besser aber auch wesentlich schlechter behandelt haben.

Selbst die Art, wie mit den Kindern innerhalb einer Familie umgegangen wurde, war nicht immer gleich. Während wir heute die Fürsorge für unsere Kinder allgemein zu unseren Lebenszwecken zählen, manchmal als Helikoptereltern sogar andere Akteure in der Kindererziehung zur Verzweiflung treiben können, kennen wir auch Berichte aus Zeiten, in denen selbst das Leben und die Unversehrtheit von Kindern nicht heilig gewesen zu sein scheint.

Auch heute erinnern uns tragischen Fälle, ob es nun grausame Nachrichten über missbrauchte und getötete Kinder sind, zumeist von nächsten Verwandten oder anderen Vertrauenspersonen, oder die unzähligen Todesfälle von Flüchtlingskindern auf den beschwerlichen und gefährlichen Fluchtrouten, all diese Ereignisse erinnern uns immer wieder, dass die Liebe und Fürsorge selbst zu Kindern keine Selbstverständlichkeit ist.

Von einer solchen Verwerfung erfahren wir in den Überlieferungen auch aus der Zeit vor der Herabsendung des Korans, zur Zeit der Dschahilijja, der Zeit der Unwissenheit. Zeit der Unwissenheit deshalb, da sie geprägt war von Brutalität gegenüber dem Menschen und einem fehlenden Bewusstsein für die Liebe gegenüber den Geschöpfen. Dies machte sich auch im Umgang mit Kindern bemerkbar.

Es gab in der damaligen Gesellschaft in Mekka geschlechterspezifische Unterschiede beim Stellenwert des Kindes. Während man sich über die Geburt eines Sohnes als Stammhalter freute, stellte die Tochter eine Schande für den Vater dar und konnte sogar lebendig begraben werden, um die soziale Anerkennung nicht zu verlieren. Der Koran greift in einem Vers diese Grausamkeit auf und greift  in einer Darstellung der Rechenschaft nach der Auferstehung vor, „wenn die lebendig Begrabene wird gefragt, um welcher Schuld sie ward umgebracht“ (Sure 81: 8f). Noch zu einer sehr frühen Zeit der Offenbarung, als nur eine kleine Gemeinde in Mekka existierte, klagt der Koran dieses Verbrechen an den eigenen Kindern an: „Tötet eure Kinder nicht aus Furcht vor Armut! Denn wir versorgen sie und euch. Sie zu töten ist wahrlich eine schwere Sünde.“ (Sure 17:31).

Der Umgang des Propheten mit seinen eigenen Kindern hob sich sehr stark von den Gepflogenheiten seiner Zeit ab. Betrachtet man den prophetischen Erziehungsstil, so stellt man fest, dass er ein einfühlsamer Vater war. Gewalt gegenüber seinen Kindern kam in seiner Erziehung nicht vor. Nähe und Zuneigung waren ihm dagegen sehr wichtig. Er nahm sich Zeit für sie, scherzte mit ihnen und nahm ihre Sorgen ernst. Auch die Sorgen des kleinen Jungen in der Überlieferung, dem er die Tränen wegwischte und mit ihm zusammen um sein verstorbenes Haustier trauerte.

Als muslimische Eltern sollten wir uns auch in Erziehungsfragen an diese Prophetentradition erinnern. Wir tragen die Verantwortung für die körperliche und seelische Entwicklung unserer Kinder, aber auch dafür, dass sie genügend Liebe, Aufmerksamkeit und Zuwendung von uns als Eltern bekommen. So kann in der Familie mit viel Liebe das Paradies schon hier auf Erden geschaffen und erlebt werden. (sbk)